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Leihoma, Nachbarschaft & Co.: Warum generationenübergreifende Freundschaften so wertvoll sind

Unsere Gesellschaft neigt dazu, Generationen voneinander zu trennen und in Altersgruppen zu denken. Doch gerade im Überschreiten dieser Grenzen liegt eine besondere Kraft. Jung und Alt können einander inspirieren, unterstützen und auch bereichern. Ob in der Familie, unter Nachbarn oder in Freundschaften: Überall, wo Jung und Alt einander begegnen, entsteht die Chance, voneinander zu lernen.

Oma und Kind liegen in einer Hängeschaukel

Freundschaften über Generationen hinweg

Verbundenheit muss nicht zwangsläufig aus familiären Strukturen entstehen. Immer häufiger entstehen enge Beziehungen zwischen Generationen außerhalb der Verwandtschaft - etwa in Form von Wahlfamilien, Nachbarschaftshilfen oder Freundschaften, die durch gemeinsame Interessen entstehen.

Ein Grund dafür liegt in den veränderten Lebensrealitäten. Viele Kleinfamilien leben weit entfernt von Eltern oder Großeltern, ziehen berufsbedingt häufig um oder wohnen in Städten, in denen das traditionelle Dorfgefüge fehlt. Gleichzeitig wünschen sich ältere Menschen soziale Nähe, insbesondere dann, wenn ihre eigenen Kinder bereits erwachsen sind und woanders leben. So entstehen neue Modelle von Gemeinschaft, die Lücken schließen und Geborgenheit schaffen.

Momente, die verbinden

Es sind nicht immer außergewöhnliche Biografien oder spektakuläre Geschichten, die uns beeindrucken. Viel häufiger sind es kleine Alltagsmomente, die prägen, manchmal sogar langfristig. Wenn ein Kind der älteren Nachbarin die Einkaufstasche trägt oder ein Jugendlicher dem Großvater das Tablet einrichtet, entstehen ebenso wertvolle Begegnungen wie dann, wenn die ältere Generation ihr Wissen weitergibt. Beim gemeinsamen Kochen eines Familienrezepts zum Beispiel, oder wenn ein Kind von seiner pensionierten Nachbarin Geduld und Ausdauer beim Gärtnern lernt. Solche Augenblicke zeigen, wie Inspiration von beiden Seiten kommen kann.

Das Modell Leihoma

Ein bekanntes Beispiel ist das Modell der „Leihoma“: Menschen, die nicht die eigenen Enkel betreuen, aber in einer Familie eine wichtige Rolle einnehmen. Sie sind Bezugspersonen, Zuhörer:innen, Ratgeber:innen und zugleich selbst Mitgewinnende, weil sie Teil eines lebendigen Alltags werden.

Irene Gründler ist seit über zwei Jahrzehnten Leihoma. Sie sagt: „Wenn ich als Leihoma mit jüngeren Menschen zusammen bin, hält mich das super fit und jung. Beim Kontakt mit jüngeren Menschen lerne ich sehr viel, und zwar mit Handys umzugehen, Internet. Auch wenn etwas schwierig ist, wird mir das geduldig erklärt.“

Gut zu wissen

Kinder lernen von der Gelassenheit und Lebenserfahrung der Älteren, während Senioren durch die Offenheit und Spontanität der Jüngeren oft neue Perspektiven entdecken.


Leihoma Irene Gründler erklärt: „Die Jüngeren lernen dafür von mir Geduld, weil die haben sie oft nicht, mitunter Höflichkeit, weil ich darauf aufmerksam mache und auch darauf bestehe.“ 

Gerade in einer Zeit, in der traditionelle Familienmodelle vielfältiger werden, gewinnen diese Formen von Beziehungen an Bedeutung. 

Sicherheit und Geborgenheit durch Nähe

Generationenfreundschaften leben von Gegenseitigkeit. Kinder und Jugendliche schenken Lebensfreude, technisches Wissen und manchmal auch eine Prise Chaos zurück. Ältere schenken Ruhe, Erfahrung und ein offenes Ohr.

Ob beim gemeinsamen Kakao trinken, bei der Unterstützung im Haushalt oder beim Abholen von der Schule – die Nähe zwischen Generationen bietet so viel. Kinder erfahren, dass nicht nur die Eltern, sondern auch andere Erwachsene für sie da sind. Ältere erleben einerseits, dass sie gebraucht werden, aber auch, dass sie ihr Wissen weitergeben können, Teil des Alltags sind und neue Lebensfreude gewinnen.

Die Verbindungen, die dabei entstehen, gehen über praktische Hilfe hinaus. Sie schaffen emotionale Wärme, Sicherheit und das Gefühl, nicht allein zu sein. 

Ein Miteinander auf Augenhöhe

Generationenübergreifende Beziehungen ersetzen vielleicht nicht die Familie, aber sie erweitern sie und machen unser Zusammenleben vielfältiger und bunter, chaotischer und schöner. So entsteht ein soziales Netz, denn ob jung oder alt: Jeder Mensch braucht Inspiration, Nähe und das Gefühl, Teil von etwas Größerem zu sein.

Irene Gründler
© COPE
Zur Person

Irene Gründler ist seit über 20 Jahren als Leihoma aktiv und hat in dieser Zeit zahlreiche Familien in der Kinderbetreuung begleitet.

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